Im Frühjahr 2014 führte einen Freund und mich die Reise ins Baskenland nach San Sebastian. Nachdem wir in den Vorjahren bereits die baskischen Städte Santander und Bilbao mit all ihren Annehmlichkeiten besucht hatten, entschieden wir uns diesmal für einen Besuch von San Sebastian. Aus Deutschland kommend hat man nach Paris das Gefühl über hunderte Kilometer geradeaus zu fahren und in Wirklichkeit ist es ja auch so. Aber mit einem guten Freund auf dem Beifahrersitz vergeht auch diese Zeit wie im Flug, für weitere Abwechslung sorgen die immer wieder auftauchenden Mautstationen und nach der Ankunft erschrickt man, dass wir für einen Weg knapp 90 Euro Mautgebühren bezahlt haben. Puh. Eigentlich weiß man es ja, aber eingeplant war es, wie wäre es anders zu erwarten, natürlich nicht.
Das Hafenstädtchen am Atlantik hat eine überaus schmucke Altstadt, die Parte Vieja. Deswegen war diese auch nach dem Einchecken im Hotel das erste Ziel. Eigentlich wollten wir nur ein bisschen schlendern und vor allem die Tapas testen. Tapas kennen wir alle, entweder vom Spanier unseres Vertrauens in der jeweiligen Heimatstadt, aber auch im Urlaub hat sie vermutlich jeder schon mal irgendwo probiert. Und serviert werden diese bekanntlich nicht nur in Spanien. Wir kennen sie auch aus Griechenland, der Türkei, Frankreich und natürlich Portugal, immer mit kleinen regionalen Unterschieden und anderen Bezeichnungen.
Die Art und Weise wie man Tapas im Baskenland verzehrt kenne ich allerdings nur von dort. Grundsätzlich sind die Pintxos (sprich: Pinchos), wie die Bars dort heißen, relativ klein. Viele sind nicht größer als eine Garage. Auf der einen Seite ist eine Theke, dahinter ein Regal mit Spirituosen, dazu ein Zapfhahn, fertig. Der Bereich den man betritt ist an Wand und Theke gekachelt, der Boden gefliest. Die Tapas werden auf großen Tellern auf der Theke präsentiert, oft von einem Zahnstocher zusammengehalten. Nach einem schwenkenden Blick über das Angebot nimmt man sich einfach das, was man gerne probieren möchte. Alle Besucher verzehren die Tapas und werfen die Servierte samt Zahnstocher auf den Fußboden. Dies fällt einem zu Beginn etwas schwer, aber man kann sich durchaus schnell daran gewöhnen. So besteht die Möglichkeit möglichst viele Köstlichkeiten zu probieren. Insgesamt funktioniert es total ungezwungen. Alle stehen beisammen, man quatscht ein bisschen und zieht weiter in die nächste Pintxos. Vorher sagt man dem Bartender wie viele Tapas man probiert hat, zahlt diese, sein Cerveza und schlendert weiter. So verbringen wir einen super Abend, nur schaffen wir es leider nicht, alles zu probieren. Das Angebot scheint schier endlos und die Snacks sind zwar einzeln, zum Teil aber gar nicht so klein. In den Gassen herrscht ein buntes Treiben und der Feierabend wird eingeläutet.
Der Vorteil für die Wirte ist, dass sie am Ende des Tages ihren Pintxos ausfegen und die Müllabfuhr die Reste zeitnah wegkehrt. Ganz klar gibt es auch Läden, die riesig sind und total stylisch eingerichtet, aber Charme versprühen die Kleineren. Die Pintxos, wo die Tapas am besten schmecken und wo vor allem auch die Locals verkehren, sind die, wo der meiste Müll auf dem Boden liegt. Logisch. Nicht wirklich weit weg von zu Hause, aber eine ganz andere Esskultur, spannend, wohlmundend, überraschend abwechslungsreich und günstig. Daumen hoch.
Leider wirkt die Altstadt zumindest im Winter bzw. im Frühjahr, also außerhalb der Touristensaison, ziemlich schnell verwaist, da hätten wir uns ausgehtechnisch ein bisschen mehr versprochen, obwohl in Bochum ist unter der Woche auch nichts los.
Dafür lockt die Stadt am darauf folgenden Morgen mit blauem Himmel und weiteren Attraktionen: Ein Stadtstrand (Playa de la Concha) der seinesgleichen sucht, einer mondänen Promenade und auch die in der Altstadt liegende barocke Basilika Santa Maria del Coro muss erwähnt werden. In der Nähe der Basilika gibt es einen Aufgang zum Monte Urgull, den man auf jeden Fall besteigen sollte. Auf diesem thront, nicht ganz so spektakulär wie in Rio, eine Jesus Statue. Es gibt mehrere Wege nach oben. Allesamt werden mit einem traumhaften Ausblick über die beiden Buchten (Zurriola und Concha), die Stadt und das Hinterland von San Sebastian belohnt. Eine Stadtkarte mit allen eingezeichneten Wegen gibt es im Hotel oder dem Touristenbüro. Zu guter Letzt empfehle ich einen Besuch im Post-Office, nicht wie sonst in Spanien üblich ein kleiner Tabacco-Laden, sondern ein stattliches Postamt mit einem wunderschönen Mosaik-Deckenglasfenster.
Ein Wochenende kann man in San Sebastian ganz entspannt verbringen und wer mehr Zeit hat besucht das kurz vor der Grenze, noch in Frankreich gelegene Biarritz. Auch nach Bilbao mit seinem berühmten Guggenheim Museum ist es nicht weit. Wer auf Sport steht, für den bietet San Sebastian zum einen natürlich Wellenreiten und ein wunschschönes Fußballstadion, zum anderen etwas exotisches: den Stadtfluss Urumea, mit einer der wirklich seltenen Möglichkeiten des Riversurfens. Der Swell ist zwar nicht riesig, Spaß dürfte aber garantiert sein. Der Fluss wird bei Flut vom Meer gespeist, sodass immer wieder Wellen den Fluss hinauf laufen.
Insgesamt wird das Baskenland und der gesamte Norden Spaniens touristisch bei weitem nicht so wahr genommen wie der Süden mit den Provinzen Katalonien samt Barcelona, Valencia und Andalusien. Landschaftlich und vor allem kulinarisch brauch sich der Norden nicht verstecken und ist auf jeden Fall eine Reise wert. Auf geht’s!
Dank und Gruß an Helge für die Bilder und den tollen gemeinsamen Trip.